Direkt neben der Stadtteilkirche „Cruz Gloriosa“ ist das Kolpinghaus. Diese Einrichtung wurde ursprünglich als Frauenhaus errichtet, um Mädchen und Frauen eine Anlaufstelle in prekären Lebenssituationen zu bieten. Leider wird dieses Angebot nicht so angenommen, wie geplant. Deshalb sind hier Wohnungen frei und wir Freiwilligen konnten einziehen.
Seit Ende meiner ersten Woche in Bolivien leben meine Mitfreiwillige und ich dort zusammen in einer WG. Wir haben eine kleine, hübsche Wohnung im zweiten Stock bezogen. Am ersten Tag hatten wir zwar kein warmes Wasser in der Dusche, aber ansonsten mangelt es uns an nichts. Es sind zwei Zimmer, eine vollausgestattete Küche (Danke an unsere Vorfreiwilligen und die Josefsschwestern!!) und ein platzsparendes Badezimmer (; Dank dieser Küche kann ich auch das Kochen mit Gasherd erlernen (meine Angst vor Gasheizungen musste ich in meiner vorigen WG schon ablegen).
Die Vermieterin wohnt direkt unter unserer Butze. Sie ist eine quirlige, lebenslustige und sehr herzliche Person. Bei allen möglichen Fragen können wir uns an sie wenden und meistens steht sie dann innerhalb von zehn Minuten vor der Tür, um bei den Problemchen zu helfen.
Die Aussicht aus unseren Fenstern ist fantastisch! Sieht man bei der einen Seite der Fenster hinaus, lassen sich die Berge bewundern, die Cochabamba umgeben und je nach Sonnenstand oder Wolkendichte komplett anders aussehen. Beim Kochen fällt der Blick aus den Küchenfenstern auf die Top-Sehenswürdigkeit der Stadt: die Christo Statue. Auch die startenden Flugzeuge vom Flughafen lassen sich hier gut beobachten.
Jede Wohnung hat ein Manko. Das Manko dieser Wohnung ist definitiv die Nähe zur Kirche. Nicht weil mir das backsteinrote, mit Türmchen versehene Gebäude nicht gefallen würde. Das Problem sind die Tageszeiten, an denen die Kirchenglocken erklingen. Jeden Morgen ab 6:45 geht es los und mindestens eine Viertelstunde lang ertönt in höchster Lautstärke Gebimmel. Wenn es wenigstens schön wäre! Es werden keine echten Glocken geläutet, sondern mithilfe eines Lautsprechers quäkende, schiefe Geräusche durch die Nachbarschaft gesendet. Mittlerweile kann ich nach dem morgendlichen akustischen Angriff wieder einschlafen, und wahrscheinlich wird es mir nach einem Jahr fehlen morgens auf derartige Weise wachgerüttelt zu werden 😀
Von der Wohnung aus sind es ca. zwanzig Minuten Fußweg zur Arbeitsstelle. Rund um das Haus lassen sich verschieden kleine Lädchen finden, in denen man alles überlebensnotwenige, wie bspw. Bananen oder Brot, kaufen lassen. Die Straßen lassen sich mit dem Kinderbuchklassiker „Der Zauberbaum“ von Enid Blyton vergleichen. Ist am einen Tag ein Pizzastand direkt vor dem Eingang, befindet sich am nächsten Abend dort ein kleiner Stand mit Süßigkeiten oder DVDs (natürlich alles Originale, haha). Auch falls mein Motorrad (welches ich nicht besitze) mal streikt, weiß ich an welchen Nachbarn ich mich wenden kann.